Verena Tafel
Berliner Kunstblatt
Wenn einer malt und zeichnet,
um der inneren Erlebniswelt Ausdruck zu verleihen und dem
Drängen nach visueller Gestaltung ein Recht zur Entfaltung
einräumt, ist er als Künstler hinreichend legitimiert. Wenn
derselbe Mensch darüber hinaus über ein bemerkenswert
großes Talent verfügt, das künstlerische Wesen anderer
interpretierend in Worte fassen zu können, obendrein seit
nunmehr zwanzig Jahren mit Geschick und Spürsinn für
Qualität Werke von zeitgenössischen Malern und Bildhauern
auswählen und verkaufen kann, so tut sich die Umgebung mit
der Einschätzung schwer. Godehard Lietzow, dem stets ein
Bein im Leben zuwenig war und der deshalb in Berlin sowohl
an der Freien Universität Germanistik als auch an der
Hochschule der Künste bei Fred Thieler studierte, ist als
Künstler in Berlin nur wenigen bekannt. Seine in Stetigkeit
und Ruhe gereifte Entwicklung lässt sich nun anhand von
etwa 50 Aquarellen (...) ablesen.
Sind die Arbeiten der ersten drei Jahre innerhalb dieses Zeitraumes noch geprägt von der zeichnerischen Erfahrung Godehard Lietzows, mit klarer Aufteilung, oft verbunden mit Tuschfederzeichnungen, so bestimmt das Medium Wasserfarbe von 1980 an mehr und mehr seine Malweise.
Blaue Seelenmeere, schwarze Abgründe, dunkle Dämmerungen sind seine Chiffren für die eine Seite der Spannung, die jedes Dasein, jeden Traum, jede Empfindung bestimmt. Der Gegenpol: leuchtend-helle, sanft-rötliche kraftvolle Felder, voller Unruhe, pulsierender Vielfarbigkeit und Lichtreflexen. Doppeldeutig die Bildinhalte von Godehard Lietzows Arbeiten, die in komplizierter Technik in einem langen Zeitraum entstehen, mehrere Arbeitsgänge erfordernd. Körperteile lassen sich entschlüsseln, Landschaften von einer hohen Warte aus gesehen, Küstenstriche, Hügelketten, aber auch rein geometrische Formen. Diese sind nicht durch scharfe Konturen von der Umgebung geschieden, sondern wachsen förmlich aus einer Vielzahl von Ab- und Überlagerungen von haarfeinen, oft kaum wahrnehmbaren Grenzbeziehungen heraus: - die denkbar sublimste Form, Anfang und Ende oder auch Gegensätze miteinander zu verschmelzen."
Verena Tafel
1990
Sind die Arbeiten der ersten drei Jahre innerhalb dieses Zeitraumes noch geprägt von der zeichnerischen Erfahrung Godehard Lietzows, mit klarer Aufteilung, oft verbunden mit Tuschfederzeichnungen, so bestimmt das Medium Wasserfarbe von 1980 an mehr und mehr seine Malweise.
Blaue Seelenmeere, schwarze Abgründe, dunkle Dämmerungen sind seine Chiffren für die eine Seite der Spannung, die jedes Dasein, jeden Traum, jede Empfindung bestimmt. Der Gegenpol: leuchtend-helle, sanft-rötliche kraftvolle Felder, voller Unruhe, pulsierender Vielfarbigkeit und Lichtreflexen. Doppeldeutig die Bildinhalte von Godehard Lietzows Arbeiten, die in komplizierter Technik in einem langen Zeitraum entstehen, mehrere Arbeitsgänge erfordernd. Körperteile lassen sich entschlüsseln, Landschaften von einer hohen Warte aus gesehen, Küstenstriche, Hügelketten, aber auch rein geometrische Formen. Diese sind nicht durch scharfe Konturen von der Umgebung geschieden, sondern wachsen förmlich aus einer Vielzahl von Ab- und Überlagerungen von haarfeinen, oft kaum wahrnehmbaren Grenzbeziehungen heraus: - die denkbar sublimste Form, Anfang und Ende oder auch Gegensätze miteinander zu verschmelzen."
Verena Tafel
1990